Das Edict von Rothari; fränkische Einflüsse und die Entwicklung des Langobardischen Rechts

 Das Edict von Rothari; fränkische Einflüsse und die Entwicklung des Langobardischen Rechts

Die Geschichte Italiens im 7. Jahrhundert ist ein komplexes Mosaik aus wechselnden Machtkonstellationen, kulturellen Begegnungen und politischen Umbrüchen. Inmitten dieser turbulenten Zeit ragt das Edict von Rothari hervor - ein Meilenstein der Langobardischen Rechtsentwicklung, der bis heute Historiker fasziniert.

Das Edict, erlassen im Jahr 643 n. Chr. von König Rothari, dem sechsten Herrscher des Langobardischen Königreichs, war mehr als nur eine Sammlung von Gesetzen. Es spiegelte die komplexen gesellschaftlichen und politischen Realitäten des damaligen Italiens wider. Die Eroberung der Italienischen Halbinsel durch die Langobarden im 6. Jahrhundert hatte zu einer tiefgreifenden Transformation der Rechtslandschaft geführt. Während die Römische Rechtstradition weiterhin in Teilen Italiens galt, versuchten die Langobarden, ihre eigenen rechtlichen und sozialen Normen zu etablieren.

Das Edict von Rothari diente als Versuch, diese beiden Systeme zu vereinen. Es griff auf Elemente des Römischen Rechts zurück, passte sie aber an die Bedürfnisse der Langobardischen Gesellschaft an. Rothari strebte nach einem Rechtscode, der sowohl Gerechtigkeit für alle Gesellschaftsgruppen garantierte, als auch die Einheit und Stabilität seines Reiches stärkte.

Die Einflüsse des Frankenreichs auf das Edict von Rothari:

Das Edict von Rothari war nicht ausschließlich ein Produkt langobardischer Traditionen. Auch die fränkische Welt hatte einen erheblichen Einfluss auf seine Entstehung.

  • Im Jahr 623 n. Chr., kurz vor der Thronbesteigung Rothar’s, besiegten die Franken unter ihrem König Chlothar II. das Langobardenreich in einer entscheidenden Schlacht. Diese Niederlage zwang die Langobarden zur Anerkennung fränkischer Oberherrschaft und zum Abschluss eines Friedensvertrages.
  • Dieser Vertrag sah unter anderem den Austausch von Gesandten und Rechtsberatern zwischen beiden Reichen vor.

Diese Kontakte ermöglichten es Rothari, Einblicke in das fortschrittliche fränkische Rechtssystem zu gewinnen, welches sich durch seine Klarheit, Systematik und die Betonung der schriftlichen Fixierung von Gesetzen auszeichnete. Diese Elemente flossen später in das Edict von Rothari ein.

Hauptmerkmale des Edicts von Rothari:

Das Edict von Rothari umfasste eine Vielzahl von Themen, darunter:

  • Vermögensrecht: Das Edict regelte den Besitz und die Übertragung von Land und anderen Gütern. Es führte klare Regeln für Kaufverträge, Erbschaften und die Aufteilung von Vermögen ein.
  • Familienrecht: Das Edict behandelte Themen wie Ehe, Scheidung, Vormundschaft und die Rechte von Kindern. Es legte fest, wer ein Testament verfassen durfte und welche Bedingungen für eine gültige Ehe galten.
  • Strafrecht: Das Edict definierte verschiedene Verbrechen und deren Strafen.

Es enthielt detaillierte Bestimmungen zu Diebstahl, Mord, Körperverletzung und anderen Delikten.

Rechtliche Themen Beschreibung
Vermögensrecht Regelungen zum Besitz, Erwerb und der Übertragung von Gütern.
Familienrecht Bestimmungen zu Ehe, Scheidung, Vormundschaft und den Rechten von Kindern.
Strafrecht Definition von Verbrechen und deren Strafen, wie z.B. Diebstahl, Mord und Körperverletzung.
  • Prozesse: Das Edict regelte den Ablauf von Gerichtsverfahren und die Rechte der Parteien. Es legte fest, wer als Zeuge zugelassen werden durfte und welche Beweise in einem Prozess akzeptiert wurden.

Die Folgen des Edicts von Rothari:

Das Edict von Rothari hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf das Langobardische Rechtssystem.

Es etablierte eine schriftliche Rechtskodifikation, die für alle Bürger des Reiches verbindlich war und somit mehr Rechtsicherheit und Transparenz schuf. Darüber hinaus trug es dazu bei, die gesellschaftlichen Spannungen zwischen den Langobarden und der einheimischen Bevölkerung zu reduzieren, da es

  • gerechte Lösungen für Streitigkeiten zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen garantierte.

Das Edict von Rothari gilt als eines der bedeutendsten Rechtsdenkmäler des frühen Mittelalters. Es zeigt eindrucksvoll, wie rechtliche Traditionen in dieser Zeit

zusammenflossen und sich gegenseitig beeinflussten.

Die Kombination römischer und fränkischer Elemente im Edict verdeutlicht die komplexe und dynamische Natur der historischen Entwicklung.